Buchbesprechung

Thomas Achenbach

Männer trauern anders. Was ihnen hilft und guttut.

Patmos Verlag, 2. Auflage, 2022, 168 Seiten, 18.– €

ISBN 978-3-8436-1131-2 (Print)

 

Thomas Achenbach ist Redakteur, Blogger, Podcaster und zertifizierter Trauerbegleiter. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Männertrauer und Trauer am Arbeitsplatz. Er lebt mit seiner Familie in Osnabrück.

 

Roland Kachler sagt: "Unsere Trauerpsychologie ist keineswegs geschlechtsneutral, sondern sie ist weiblich." Trauer und Trauerbegleitung sowie Sterbebegleitung sind bei uns sehr stark von Frauen besetzt. Ebenso die Ausbildung. Erfahrene Trauerbegleiter, Psychologen und Therapeuten stimmen im Allgemeinen der Ansicht zu, dass es so etwas wie eine männliche und weibliche Strategie im Umgang mit diesen Themen gibt. Doch die Wissenschaft hat dazu nichts zu bieten. Es gibt keine Studien zur Männertrauer.

 

Somit ist der Autor darauf angewiesen, sich auf seine langjährige Erfahrung und die Erlebnisse anderer zu verlassen. Dabei weiß er um die Klischeefallen, die es einem allzu leicht machen, zwischen den Geschlechtern unterscheiden zu wollen. "Frauen weinen und Männer fressen alles in sich hinein." ist so eine Falle. Vielleicht war das einmal so und mußte zu Kriegs- und Nachkriegszeiten auch so sein, will Mann überleben. Und ganz sicher hat das auch heute noch Bedeutung. Doch alles wandelt sich und es gibt mehr auch die Männer, die nah an ihren Gefühlen sind, sich mitteilen und Tränen zulassen können, auch wenn es allzu oft noch immer ein Tabu ist.

 

Seine Thesen, die er in den Kapiteln ausführlich bespricht:

  • Männer trauern im Geheimen…
  • Männer reden weniger über ihre Gefühle… 
  • Männer gehen über den Verstand, sammeln Wissen…

Es fällt auf: Suizid ist überwiegend männlich. Trauergruppen überwiegend weiblich. Warum ist das so? Was also unterscheidet Männer in der Trauer von den Frauen?

 

Darauf geht Thomas Achenbach in 9 Kapiteln ein. Er benennt u.a. die Unterschiede in der Sozialisation, in der Trauer, in der Kommunikation, die Flucht in Extreme und die Möglichkeiten für Männer, Trauer ausleben zu können und zu wissen, was ihnen guttut. Mit zum Teil (nicht) überraschenden Erkenntnissen: Männer brauchen Männer, nicht unbedingt einen Stuhlkreis oder gar eine gestaltete Mitte; das ist vielen zu weiblich. Männern fällt es oft leichter, sich mitzuteilen, wenn sie nebeneinander gehen oder sitzen, ohne direkten Augenkontakt (ohne Konfrontation), wie beim Autofahren, beim Spaziergang oder auf einer Parkbank. Auch wenn Männer in Aktion sind, was tun können, wird ein Sich-Mitteilen eher möglich sein: mit Futter fürs Gehirn (Wissenschaft der Trauerprozesse), gemeinsames Kochen und Haushalts-Hacks für verwitwete Männer, Fotogruppe, Bewegungsangebote (Bogenschießen, Boule spielen, Laufen, Rudern u.a.) oder auch kreatives Schreiben und Musik.

 

Am Ende des Buches greift der Autor noch einmal tief in die Klischeekiste: „Manchen Männern könnte es tatsächlich guttun, für ein Gespräch über ihre Gefühle ins Fußballstadion zu gehen… wo es normal ist, Gefühle zu zeigen… Und bei Bratwurst und Bier kann man… auch den ganz persönlichen Tiefschlag besprechen…“ Und weiter: “Also noch mal, damit wir uns richtig verstehen: Die Männertrauer, die eine, messbare, mustergültige – die gibt es dennoch nicht. Denn Männer sind auch nur Menschen. Und immer anders. Das ist ja gerade so spannend an ihnen.“

 

Mein Fazit: Gut zu wissen, für Trauerbegleiterinnen wie für Trauerbegleiter, das es Unterschiede geben kann, das manches, was für (die meisten) Frauen stimmig ist nicht automatisch auch für (die meisten) Männer gilt – mit Ausnahmen versteht sich ;-)